Der Vorhang ist zerrissen Ein gerne überlesenes Detail mit einer großen Bedeutung

Kurz nachgedacht:

(Der Impuls enthält u.U. Links zum weitergehenden Verständnis)

Der Vorhang zerriss!

„Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei Stücke, von oben bis unten; und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen.
(Matthäus 27,51)“

Stell dir die Szene vor:

Jesus stirbt. Nicht irgendwo versteckt, sondern sichtbar, mitten vor den Augen der Welt. Und genau in diesem Moment geschieht etwas, das viele überlesen. Kein Mensch hat Hand angelegt. Kein Messer, kein Feuer, kein Schwert. Nein – Gott selbst greift unsichtbar und übernatürlich in die physische Wirklichkeit ein.

Der Vorhang im Tempel zerreißt. Von oben nach unten.

Warum ist dieses Textdetail so bedeutsam?

Der Vorhang trennte seit jeher im Tempel das Allerheiligste vom übrigen Teil. Hinter diesem Vorhang durfte nur der Hohepriester, einmal im Jahr am Versöhnungstag (Jom Kippur) eintreten – mit dem Blut des Opfers – um für das Volk Sühne zu erwirken. Der Vorhang stand symbolisch für die Trennung zwischen Gott und Mensch, zwischen Heiligkeit und Sünde, zwischen Licht und Finsternis.

Solange der Vorhang hing, war der Weg zu Gott verschlossen. Nur durch Vermittlung, nur durch Blut, nur durch Abstand war Kontakt einmalig pro Jahr für einen Vertreter der Menschen möglich.

Aber jetzt?

Jesus stirbt – als das vollkommene Opferlamm – und Gott selbst zerreißt den Vorhang. Nicht von unten nach oben, als würde ein Mensch den Weg erzwingen wollen. Sondern von oben nach unten. Von Gott aus. Es ist Sein Werk, seine Einladung. Der Weg ist frei für jeden, der die Einladung annimmt.

Das ist kein nebensächliches Detail. Das ist Revolution. Der alte Zugang zu Gott – über Opfer, Priester, Rituale – ist erfüllt. Und abgelöst. Jetzt gibt es einen neuen und lebendigen Weg, durch Jesus selbst, wie es in Hebräer 10,19-20 heißt:

"So haben wir nun Freimütigkeit, einzutreten in das Heiligtum durch das Blut Jesu, [...] durch den neuen und lebendigen Weg, den er uns eröffnet hat durch den Vorhang – das ist durch sein Fleisch."

Das Kreuz ist kein grausames Schauspiel eines zornigen Gottes, der seine Wut an seinem Sohn auslässt. Es ist Liebe in ihrer tiefsten Form – Liebe, die sagt: „Ich gehe den Weg für dich, weil du ihn selbst niemals schaffen würdest.“

Karsamstag ist ein stiller Tag. Kein Jubel, keine Osterfreude. Noch nicht.
Aber gerade diese Stille lädt uns ein, innezuhalten und zu fragen:

Was trennt mich noch von Gott?

Was hält mich hinter einem inneren Vorhang fest – Scham, Schuld, Stolz?

Habe ich den freien Weg wirklich angenommen – oder stehe ich noch draußen, obwohl die Tür längst offen ist?

Der zerrissene Vorhang lädt Dich ein, zu Gott zu kommen.

Nicht nach Art von Religion: „Streng dich mehr an!“ Sondern nach dem Evangelium der Gnade: „Komm! Der Weg ist frei. Für dich.“

Heute, an Karsamstag, dürfen wir staunen. Nicht nur über das, was Jesus für uns erlitten hat. Sondern über das, was durch seinen Tod freigesetzt wurde. Für dich. Für mich. Für jeden, der glaubt.

Du darfst kommen. Direkt. Ohne Umwege. In Gottes Gegenwart.
Nicht, weil du würdig bist. Sondern weil Er würdig war und den Weg gebahnt hat.

Was für ein Geschenk!

Lied: „Jesus, zu dir darf ich so kommen, wie ich bin“ – Version von Pfarrer Uwe ( Ich liebe diesen Kerl, äh, Bruder im Herrn irgendwie 😊 )

Ein Lied, das in wunderbarer Weise ausdrückt, was der zerrissene Vorhang für uns heute bedeutet: Freispruch, Nähe, Annahme. Und der Mut, im Glauben daran wirklich einzutreten in die Gegenwart Gottes (Hinweis hierzu auch noch zu einem anderen Lied: „Mutig komm ich vor den Thron“)

Amen

© Jens Völker / Verwendung für gemeindliche oder missionarische Zwecke ausdrücklich erlaubt

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